Handelsblatt online vom 23.05.2014
Kreditkarten im Vergleich
Die besten Karten zum Reisen und Shoppen
Fußballfans, die zur Weltmeisterschaft nach Brasilien reisen und gern mit Scheinen zahlen, sollten ein dickes Bündel Bargeld mitnehmen. Denn wer Scheine traditionell bevorzugt, dürfte ansonsten im WM-Gastgeberland eine böse Überraschung erleben: Nicht jeder Geldautomaten lässt sich für eine Abhebung nutzten.
Das brasilianische Bankensystem, das über mehr Geldautomaten verfügt als jedes andere Land, hat die Geräte nicht untereinander vernetzt. Damit bricht Brasilien mit der Praxis der industrialisierten Staaten der Welt, ein gemeinsames Automatensystem zu bieten, das an allen Maschinen eine reibungslose Transaktionen ermöglicht. “Brasilien ist insofern einzigartig, als es kein gemeinsames Netzwerk besitzt”, erklärt Mike Urban, Direktor Portfoliomanagement beim Finanzdatenverkäufer Fiserv. Fußballfans, die zur WM in Brasilien reisen, “werden frustriert sein, wenn sie erwarten, dass alle Geldautomaten funktionieren”.
Die mangelnde Vernetzung schränkt die meisten Geräte auf ihre Basisfunktion ein: Bargeld von der Bank auszuzahlen, deren Name die Maschine schmückt. Bei Touristen aus Europa, die es gewohnt sind, überall Geld abheben zu können, wird das brasilianische System nicht gerade für weltmeisterlichen Jubel sorgen.
Und nicht nur Fußballfans möchten im nahenden Sommerurlaub flüssig bleiben. Wer nicht mit dem Geldkoffer reisen will, benötigt eine Kreditkarte. “Neben der Karte von der Hausbank kann sich der Abschluss einer Zweitkarte lohnen, die eine echte Kreditkartenfunktion hat”, sagt Max Herbst, Inhaber der FMH Finanzberatung.
Der Vorteil: Außer besonderen Konditionen, die die Zahlung im Ausland deutlich günstiger machen, sorgen Ersatzkarten im Notfall für Sicherheit. Ohne Plastikgeld ist in vielen Ländern nicht nur die Buchung von Mietwagen, Flügen oder Hotels nicht möglich. “Wenn die klassische Karte wegen Verlust, Schäden am Magnetstreifen oder Überschreitung des Limits nicht mehr funktioniert, stehen Reisende sonst zumindest zeitweise ohne Geld da”, sagt Herbst. EC-Karten fürs Girokonto werden nicht überall akzeptiert und haben vielfach unbemerkt ein niedriges Limit bei Abhebungen im Ausland.
Für Handelsblatt Online untersuchte der Zinsexperte 21 Angebote von elf Banken, die sich mit Kreditkarten einen Namen gemacht haben. Mit den jeweils besten für Vielreisende, Einkaufsfans und sporadische Nutzer bleiben die Inhaber immer flüssig und können etwa auf Fernreisen schnell einige Hundert Euro sparen.
Top-Karten für Vielreisende
Wer auf der Suche nach den günstigsten Möglichkeiten nicht gleich ein neues Konto eröffnen möchte, wählt eine “Revolving Credit Card”. Im Gegensatz zu den klassischen Charge-Karten der Hausbank, bei denen der Betrag meist am Ende des Monats automatisch vom Girokonto abgebucht wird, handelt es sich bei diesen Produkten um echte Kreditkarten. Wer sein Guthaben verbraucht hat kann einen echten Kredit in Anspruch nehmen, der in Raten oder auf einen Schlag wieder ausgeglichen werden kann.
Solche Karten werden traditionell in den USA viel genutzt. In Deutschland sind sie zwar auch seit vielen Jahren auf dem Markt, sind aber nicht so beliebt wegen der integrierten Kreditfunktion. Kartennutzer sollten diese Variante immer mit Augenmaß nutzen, da die Sollzinsen enorm hoch ausfallen können.
So berechnet die Advanzia Bank für ihre Goldcard bei Bargeldabhebung bis zur Rückzahlung einen Sollzins von 23,95 Prozent pro Jahr. Auf den Monat runtergerechnet würde dies einem Zins von 1,79 Prozent pro Monat entsprechen. “Kartennutzer sollten bei diesem Angebot vorsichtig sein, da die Forderung von dieser Bank nicht automatisch vom Konto abgebucht wird, sondern extra überwiesen werden muss”, sagt Herbst.
Trotzdem ist die Karte für Vielreisende ein Geheimtipp. Denn die Advanzia Bank verzichtet nicht nur auf die Jahresgebühr. Für den Tausch in Fremdwährungen außerhalb der Euro-Zone fallen ebenfalls keine Kosten an. Andere Banken verlangen dafür bis zu drei Prozent. Wer zeitnah überweist, kann zusätzlich gratis am Automaten Bargeld abheben. Einige Banken verlangen für diesen Service aktuell bis zu vier Prozent.
“Wer mit dieser Karte richtig umgeht, kann im Ausland so schnell einige Hundert Euro sparen”, sagt Herbst. Etwas teurer sind im Vergleich die Thomas Cook Card der Valovis Bank oder die ADAC Mobilkarte Silber der Landesbank Berlin.
Top-Karten für Einkaufsfans und sporadische Nutzung
Nicht jeder Kreditkartennutzer ist aber ein Freund von regelmäßigen Fernreisen. Wer vor allem innerhalb der Euro-Zone bleibt, dem können niedrige Gebühren für den Währungstausch ziemlich egal sein. Für Einkaufsprofis in Europa rechnen sich eher Karten, die neben einer niedrigen Jahresgebühr auch günstige Zinsen und Bonussysteme haben.
Einkaufsfans sind daher mit der Karstadt Visa Karte der Hanseatic Bank gut bedient. Die Bank verlangt keine Jahresgebühr, Guthaben ab 500 Euro werden mit 0,25 und ab 10.000 Euro mit 1,25 Prozent verzinst.
Außerdem lockt ein Bonusprogramm bei Karstadt. Kunden, die einen Teil des Betrages als Kredit in festen monatlichen Raten zurückführen, zahlen allerdings einen Sollzins von 16,9 Prozent. “Die Kreditoption sollten Kartennutzer grundsätzlich möglichst nicht anwenden”, sagt Herbst. “Klassische Ratenkredite bei den Banken sind oft deutlich günstiger”. Neben der Karstadt Bank liegen die Postbank Visa Shopping Card oder die Payback Visacard mit vorteilhaften Jahresgebühren und günstigeren Kreditzinsen im Vergleich der Kreditkarten für Einkaufsprodukte vorne.
Viele Karteninhaber nutzen ihr Plastikgeld aber nur sporadisch. Wer im Alltag in der Regel bar oder mit der EC-Karte zahlt und die Kreditkarte nur zur Sicherheit benutzt, wählt Produkte, die auf Jahresgebühren verzichten und von der gesamten Gebührenstruktur günstig sind.
Den ersten Platz im Vergleich für diese Zielgruppe belegt die rote Mastercard der Ikano Bank. Eine Jahresgebühr fällt nicht an, das Auslandseinsatzentgelt liegt mit einem Zins von 1,5 Prozent im oberen Mittelfeld des Vergleichs. Die Gebühr für das Abheben am Geldautomaten rangiert mit 2,75 Prozent ebenfalls im guten Mittelfeld, Kunden dürfen allerdings nur maximal 300 Euro pro Tag abheben. Ein Guthabenzins von 0,5 Prozent rundet das Angebot ab.
Auf den Plätzen: Die gebührenfreie Sunnycard der SantanderConsumerBank und die Goldkarte der Advanzia Bank, mit der solvente Vielreisende auch ein schönes Schnäppchen machen können.
Hagen, Jens
Quelle: Handelsblatt online vom 23.05.2014