Handelsblatt online vom 30.05.2014
So landen kleine Shopping-Queens nicht in den Miesen
Was macht Mama, wenn sie im Bikini am Südseestrand entlang läuft und plötzlich Hunger auf ein Eis bekommt? Na klar, sie zückt im Kiosk ihre Kreditkarte, die sie elegant unter die Schwimmbekleidung geklemmt hatte. So wurde in der Werbung lange Zeit der Vorteil des Plastikgeldes angepriesen.
Und was Mama kann, sollen Tochter und Sohn natürlich auch können: Im Ausland ganz einfach bargeldlos bezahlen. Damit das Ganze nicht zu riskant ist, bekommen die Kinder jedoch keine herkömmliche Kreditkarte, sondern eine Prepaid-Karte. Mit dieser sollen sie nur so viel Geld ausgegeben können, wie zuvor auf die Karte gebucht wurde – ähnlich wie bei einem Prepaid-Handy.
Zugegeben, ob die junge Frau am Strand bereits Mutter ist, wurde in der Werbung gar nicht verraten. Und bevor Eltern solche Verträge für ihre Kinder abschließen, sollten sie gut überlegen, ob ihr Nachwuchs bereits mit den Karten umgehen kann. Außerdem sollten sie die Konditionen vorab sehr genau prüfen.
Für Handelsblatt Online hat die FMH Finanzberatung erstmals die Kosten und Bedingungen von Prepaid-Karten unter die Lupe genommen, die sich explizit auch an unter 18-Jährige richten. “Unterschieden haben wir zwischen solchen Karten, die es nur in Verbindung mit einem Konto bei der jeweiligen Bank gibt und solchen, die unabhängig davon sind”, erklärt Sigrid Herbst von FMH.
Ausschlaggebend für die Platzierung im FMH-Ranking waren vor allem die Kosten. Bei den kontounabhängigen Karten bewegten sich die jährlichen Kosten zwischen zehn und 22 Euro. Hinzu kommen teils saftige Gebühren für Barabhebungen – sowohl im Inland als auch im Euro-Land.
“Mindestgebühren von fünf Euro pro Abhebung oder mehr sind schon happig, insbesondere, weil Kinder wohl eher kleinere Beträge abheben”, sagt Herbst. 50 Euro abgehoben und fünf Euro Gebühren bezahlt: Macht zehn Prozent Barabhebungsgebühr. Immerhin: “Die Gebühren für Barabhebungen bei den Prepaid-Karten sind mit herkömmlichen Kreditkarten vergleichbar”, sagt Herbst. Eine Art Prepaid-Aufschlag gibt es also nicht.
Vorteil bei Aufenthalt im Ausland
Positiv aufgefallen sind der Finanzberaterin jene Angebote, bei denen das Kartenguthaben verzinst wird – davon gibt es allerdings nur wenige, wie etwa die Karten der Volkswagen Bank oder Bank 1 Saar. Und die Zinsen sind mit 0,2 bis 0,6 Prozent sehr gering. “Wer Gebühren sparen möchte, sollte sich für eine Karte entscheiden, die in Verbindung mit einem Konto angeboten wird”, rät Herbst. “Hier gibt es günstige Angebote von der Volkswagen Bank, Berliner Bank und Wüstenrot Bank, die ohne jährliche Grundgebühr und mit kostenfreien Bargeldabhebungen EU-weit glänzen.”
Bevor Kinder und Jugendliche jedoch Kreditkarten nutzen, sollten sie erst einmal gelernt haben, mit Bargeld umzugehen. “Kinder müssen verstehen, dass sie nur ein begrenztes Budget haben”, sagt Andreas Roeske von der Initiative “Bricklebrit – Eltern, Kinder, Geld”. “Wenn ich fünf Euro im Portemonnaie habe, kann ich mir nun mal nichts kaufen, das acht Euro kostet.” Dieser Grundsatz lasse sich mit Geldscheinen und Münzen viel besser veranschaulichen als mit Zahlen auf einem digitalen Kontoauszug.
Die Frage, wann ein Kind bereit für bargeldloses Bezahlen ist, muss stets individuell beantwortet werden. “Bis zum 18. Geburtstag muss das zwar eingeübt worden sein”, sagt Roeske. “Aber vor dem zwölften Geburtstag sollten Bargeld und irgendwann ein Kinderkonto im Mittelpunkt des Umgangs mit Geld stehen.” Wichtig ist, dass die Jugendlichen ihre Kosten immer im Blick behalten. Sie sollten stets online oder am Geldautomaten prüfen können, wie viel Geld ihnen noch zur Verfügung steht. Erst dieser Überblick macht es möglich zu planen.
Um das bargeldlose Bezahlen zu üben, könnten Kinder also auch eine Giro-Karte anstatt einer Prepaid-Karte nutzen. “Grundsätzlich empfehle ich für Kinder nur in sehr wenigen Ausnahmefällen eine Prepaid-Kreditkarte”, sagt Annabel Oelmann, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale NRW.
Einen praktischen Vorteil können die Prepaid-Karten aber insbesondere bei einem Auslandsaufenthalt bieten. “Wenn die Tochter zum Beispiel ein Schuljahr in den USA verbringt, kann es sinnvoller sein, ihr eine Prepaid-Karte mitzugeben statt vor Ort ein Konto für sie zu eröffnen”, sagt Oelmann. Das gilt umso mehr, wenn der Aufenthalt im Ausland nur wenige Wochen dauert.
Jugendschutz und Kontrolle inklusive
Wenn sich Eltern dafür entscheiden, sollten sie die Konditionen vorab sehr genau prüfen. Mehrere Banken hat die VZ NRW bereits erfolgreich abgemahnt, da Kunden trotz angeblicher Kostenkontrolle in die Miesen geraten konnten. “Klauseln, die bei Prepaid-Karten eine Überziehung ermöglichen sind nach unserer Ansicht unwirksam”, sagt Oelmann.
Zudem ist es per Gesetz verboten, ein Darlehen an Minderjährige zu vergeben. “Auf einen Rechtsstreit sollten es Eltern aber nicht ankommen lassen, sondern besser gleich Karten wählen, bei denen eine Überziehung ausgeschlossen ist”, empfiehlt die Verbraucherschützerin.
Für Eltern, die über die Ausgaben ihrer Kinder genau informiert werden wollen, bieten manche Banken einen kostenlosen Benachrichtigungsservice, beispielsweise die Netbank und Pay Center. “Eltern werden so per E-Mail über jede neue Transaktion informiert”, erklärt Herbst.
Auch ein integrierter Jugendschutz wie etwa bei der HypoVereinsbank könne sinnvoll sein. Zahlungsanfragen von Unternehmen mit jugendgefährdenden Inhalten würden damit automatisch abgelehnt, so die Bank. “Die elterliche Kontrolle sollte aber nicht der entscheidende Grund für die Wahl einer Prepaid-Karte sein”, warnt Roeske. “Der Umgang mit virtuellem Geld sollte immer wieder ein Gesprächsthema am Familientisch sein – in offener und vertrauensvoller Atmosphäre.”
Schneider, Katharina
Quelle: Handelsblatt online vom 30.05.2014