Handelsblatt online vom 19.06.2015
Girokonten
Welche Banken auf Ihr Erspartes einschlagen
Die fetten Jahre im Privatkundengeschäft sind vorbei. Das historische Zinstief drückt auf die Margen im klassischen Geschäft der Banken, dem Einsammeln und Ausleihen von Geld. ‘Das Provisionsgeschäft mit Wertpapieren kann die sinkenden Zinsbeiträge nicht aufwiegen’, sagt Oliver Mihm, Vorstand der Frankfurter Unternehmensberatung Investors Marketing.
In vielen Banken ist der Wandel schon länger angekommen. Bei der Deutschen Bank stehen Filialen zur Disposition, bei der Hypo-Vereinsbank und bei vielen Sparkassen ebenfalls. Nach einer Analyse von Investors Marketing soll die Zahl der Filialen bis zum Jahr 2020 um knapp 20 Prozent abnehmen. Im Vergleich zu 2014 gäbe es dann 6.800 Filialen weniger in Deutschland. Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken wären gleichfalls betroffen.
Und auch die Kunden müssen den Gürtel enger schnallen. Das zeigt sich etwa beim Girokonto, dem klassischen Produkt der Banken. ‘Die Banken haben das Geschäft mit dem Zahlungsverkehr in den vergangenen Jahren vernachlässigt’, sagt Mihm. ‘Das ändert sich jetzt.’
Ein Standardkunde, der etwa die Hälfte seiner Geldgeschäfte in der Filiale und die andere Hälfte online abwickelt, verursacht Kosten in Höhe von mehr als sieben Euro pro Monat. ‘Die wenigsten Banken können das über die Gebühren und Dispozinsen wieder reinholen’, sagt Mihm. Eine Marktstudie der FMH Finanzberatung unter 80 Banken zeigt: Bei vielen Konten sinken derzeit die Zinsen, während die Gebühren steigen.
Handelsblatt Online zeigt, wo Kunden mit höheren Kosten rechnen müssen – und welche Banken die besten Konditionen bieten. Mit dem Girokonten-Vergleich bei Handelsblatt Online können Leser die individuell besten Konditionen ermitteln.
Guthabenzinsen und Neukundenbonus
Nicht nur bei Tages- oder Festgeldern gibt es Zinsen auf das Guthaben. Einige Institute offerieren immer noch Zinsen für die Einlagen auf dem Girokonto. Vor allem Direktbanken sehen das Girokonto als Ankerprodukt um Marktanteile zu gewinnen. Die Banken hoffen auf das Provisionsgeschäft, denn nur wenn die Neukunden andere Finanzprodukte kaufen, machen sie einen wirklich guten Schnitt.
‘Am Zinsmarkt ist mit den Einlagen der Kunden nicht mehr viel zu holen’, sagt FMH-Inhaber Max Herbst. Die kurzfristigen Referenzzinsen sind negativ. Der EONIA-Zinssatz, zu dem sich die Banken untereinander täglich Geld ausleihen, liegt derzeit bei minus 0,125 Prozent. Auch andere Sätze wie der Euribor rentieren sowohl für einen wie auch für drei Monate im negativen Bereich.
Und so schmelzen auch die Guthabenzinsen für die Kunden dahin. Im ersten Halbjahr senkte etwa jedes zehnte Institut diese Sätze. Maximal 0,3 Prozent gibt es noch beim ‘Kombikonto’ der Ziraat Bank. Das sind zehn Basispunkte weniger als noch im Mai.
Auch die Lockprämien für neue Konten nehmen ab. Bei der DKB gab es im März für Neukunden noch einen Reisegutschein über 120 Euro. Die Bank der Bausparkasse Wüstenrot kürzte den Wechselbonus von 120 Euro auf 80 Euro. Positive Ausnahme: Die BW Bank lockt auch aktuell noch mit 100 Euro. Das ist doppelt so viel wie noch im Mai.
Kreditkarten und Gebühren
Auch bei den EC-Karten und Kreditkarten erhöhen einige Institute die Sätze. Kunden, die im Internet bei der Stadtsparkasse Augsburg ein Konto eröffnen, zahlen für die EC-Karte nach einer Kontoumstellung seit Mai sieben Euro. Dafür sanken die Kontoführungsgebühren um 55 Cent pro Monat. Die Sparda-Bank Berlin verlangt seit Februar 7,50 Euro für die EC-Karte. Die Berliner verteuerten auch die Kreditkarte um 9,50 Euro. Die Wiesbadener Volksbank verlangt für die EC-Karte beim Internetkonto sogar zehn Euro.
Bei fast allen Banken sind EC-Karten kostenlos. Knapp 30 Banken offerieren auch die Kreditkarte gratis. Zum Vergleich: In der Spitze zahlen Kunden mit Basiskarten bei teuren Banken für ihre einfache Visa oder Mastercard derzeit 30 Euro pro Jahr.
Teuer wird es auch, wenn Kunden ihre Überweisungen schriftlich auf Papier und nicht am Automaten oder im Internet durchführen.
Für diese ‘beleghaften Überweisungen’ erhöhten vier Banken in den letzten Monaten ihre Gebühren: Die Comdirect (auf 1,90 Euro), Sparda-Berlin (1,50 Euro), die Stadtsparkasse Augsburg nach der Kontoumstellung im Mai (auf zwei Euro) und die Wüstenrot Bank (sogar auf drei Euro). Bei fast jeder zweiten Bank müssen die Kunden jetzt für die Überweisung auf Papier draufzahlen.
Dispokredite und geduldete Überziehung
Auf den ersten Blick sieht die Bilanz bei den Dispokrediten dagegen positiver aus. Jede vierte Bank hat im ersten Halbjahr die Zinsen gesenkt. Zwischen 0,07 Prozent und 1,13 Prozent gingen die Sätze nach unten.
Auf den zweiten Blick sieht die Bilanz weniger erbaulich aus. Denn die Banken müssen ihre Sätze an Referenzzinsen ausrichten. Das Gros der Institute orientiert sich am EZB-Leitzins oder dem Euribor. Beide stehen auf historisch niedrigem Niveau nahe der Null-Prozent-Marke. ‘Auch wenn in der nahen Zukunft einige weitere Institute weiter minimal absenken, müssen Kunden im Marktschnitt langfristig mit sehr hohen Sätzen rechnen’, sagt Herbst.
Im Schnitt verlangen die Banken derzeit 9,7 Prozent. In der Spitze werden immer noch 12,75 Prozent verlangt. Wie groß die Spanne ist zeigt ein Blick auf den günstigsten Anbieter. Die Skatbank verlangt nur 4,49 Prozent.
Wenn die Kunden ihr Dispolimit im Einvernehmen mit der Bank überschreiten fallen im Schnitt sogar 11,7 Prozent an. Der teuerste Anbieter verlangt für diese ‘geduldete Überziehung’ sogar 16,75 Prozent. ‘Dispokredite sind kein Instrument der mittel- oder langfristigen Kreditaufnahme’, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. ‘Für diesen Zweck sind sie schlicht zu teuer.’
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) möchte in den nächsten Wochen einen Gesetzentwurf ins Kabinett einbringen, mit dem Bürger besser vor unverhältnismäßig hohen Dispozinsen geschützt werden sollen.
Zins-Obergrenzen sind aber nicht geplant. Die SPD ging mit dem Thema in den letzten Bundestagswahlkampf, scheiterte aber am Widerstand der CDU. Jetzt soll mehr Transparenz und Beratung die Kunden zum Nachdenken bewegen, ob sie die Kosten einer teuren Kontoüberziehung tragen möchten.
Nicht nur für Kunden mit knappem Budget lohnt der Blick auf die Dispokonditionen. Damit sollten sie nicht zu langen warten. ‘Der Anbieterwechsel ist praktisch nicht möglich, wenn das Konto überzogen ist’, sagt Nauhauser. ‘Für den Girokontowechsel ist es erforderlich, vorher das Konto auszugleichen.’
Preiswerte Girokonten im Überblick
Die aufwendige FMH-Marktstudie zeigt aber auch, dass es noch Konten zu günstigen Konditionen gibt. Zahlreiche Banken verlangen weder Kontoführungsgebühren noch Kosten für Überweisungen auf Papier.
Immer mehr Institute verzichten auch auf Zinsaufschläge bei ‘geduldeten Überziehungen’ und bieten Dispozinsen von weniger als acht Prozent. ‘Auch Gratis-Kreditkarten, Guthabenzinsen und Neukunden-Boni sind noch zu entdecken’, sagt Herbst. Welche Banken ihren Kunden beim Konto ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten, zeigt folgende Tabelle. Eine überraschende Erkenntnis: Nicht nur bei Online-Konten gibt es faire und günstige Konditionen.
Diese Banken verzichten auf Entgelte bei Kontoführung, Maestro-Karten, und Überweisungen in Papierform.
/// Banken (Konto) // .
/// Direktbanken und Online-Konten // .
DKB (DKB-Cash)
ING-DiBa (Girokonto)
1822direkt (Girokonto)
/// Regionalanbieter (Internet und Online) // .
PSD Berlin-Brandenburg (GiroDirekt)
PSD Braunschweig (GiroDirekt)
PSD Hessen-Thüringen (GiroDirekt)
/// Filialbanken // .
BBBank (Direktkonto)
Commerzbank (0-Euro-Konto)
Targobank (Komfort-Konto)
/// Regionalanbieter mit Filialen // .
Sparda-Bank Hamburg (SpardaGiro)
Sparda-Bank Hannover (SpardaGiro)
Sparda-Bank Hessen (SpardaGiro)
*Kreditkarte: 0,70%. **Gültig bis 30.06.2015. Stand: 15.06.2015. Quelle: FMH-Finanzberatung (www.fmh.de/giro). Basis: 78 Girokonten.
Die fetten Jahre im Privatkundengeschäft sind vorbei. Das historische Zinstief drückt auf die Margen im klassischen Geschäft der Banken, dem Einsammeln und Ausleihen von Geld. ‘Das Provisionsgeschäft mit Wertpapieren kann die sinkenden Zinsbeiträge nicht aufwiegen’, sagt Oliver Mihm, Vorstand der Frankfurter Unternehmensberatung Investors Marketing.
In vielen Banken ist der Wandel schon länger angekommen. Bei der Deutschen Bank stehen Filialen zur Disposition, bei der Hypo-Vereinsbank und bei vielen Sparkassen ebenfalls. Nach einer Analyse von Investors Marketing soll die Zahl der Filialen bis zum Jahr 2020 um knapp 20 Prozent abnehmen. Im Vergleich zu 2014 gäbe es dann 6.800 Filialen weniger in Deutschland. Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken wären gleichfalls betroffen.
Und auch die Kunden müssen den Gürtel enger schnallen. Das zeigt sich etwa beim Girokonto, dem klassischen Produkt der Banken. ‘Die Banken haben das Geschäft mit dem Zahlungsverkehr in den vergangenen Jahren vernachlässigt’, sagt Mihm. ‘Das ändert sich jetzt.’
Ein Standardkunde, der etwa die Hälfte seiner Geldgeschäfte in der Filiale und die andere Hälfte online abwickelt, verursacht Kosten in Höhe von mehr als sieben Euro pro Monat. ‘Die wenigsten Banken können das über die Gebühren und Dispozinsen wieder reinholen’, sagt Mihm. Eine Marktstudie der FMH Finanzberatung unter 80 Banken zeigt: Bei vielen Konten sinken derzeit die Zinsen, während die Gebühren steigen.
Handelsblatt Online zeigt, wo Kunden mit höheren Kosten rechnen müssen – und welche Banken die besten Konditionen bieten. Mit dem Girokonten-Vergleich bei Handelsblatt Online können Leser die individuell besten Konditionen ermitteln.
Guthabenzinsen und Neukundenbonus
Nicht nur bei Tages- oder Festgeldern gibt es Zinsen auf das Guthaben. Einige Institute offerieren immer noch Zinsen für die Einlagen auf dem Girokonto. Vor allem Direktbanken sehen das Girokonto als Ankerprodukt um Marktanteile zu gewinnen. Die Banken hoffen auf das Provisionsgeschäft, denn nur wenn die Neukunden andere Finanzprodukte kaufen, machen sie einen wirklich guten Schnitt.
‘Am Zinsmarkt ist mit den Einlagen der Kunden nicht mehr viel zu holen’, sagt FMH-Inhaber Max Herbst. Die kurzfristigen Referenzzinsen sind negativ. Der EONIA-Zinssatz, zu dem sich die Banken untereinander täglich Geld ausleihen, liegt derzeit bei minus 0,125 Prozent. Auch andere Sätze wie der Euribor rentieren sowohl für einen wie auch für drei Monate im negativen Bereich.
Und so schmelzen auch die Guthabenzinsen für die Kunden dahin. Im ersten Halbjahr senkte etwa jedes zehnte Institut diese Sätze. Maximal 0,3 Prozent gibt es noch beim ‘Kombikonto’ der Ziraat Bank. Das sind zehn Basispunkte weniger als noch im Mai.
Auch die Lockprämien für neue Konten nehmen ab. Bei der DKB gab es im März für Neukunden noch einen Reisegutschein über 120 Euro. Die Bank der Bausparkasse Wüstenrot kürzte den Wechselbonus von 120 Euro auf 80 Euro. Positive Ausnahme: Die BW Bank lockt auch aktuell noch mit 100 Euro. Das ist doppelt so viel wie noch im Mai.
Kreditkarten und Gebühren
Auch bei den EC-Karten und Kreditkarten erhöhen einige Institute die Sätze. Kunden, die im Internet bei der Stadtsparkasse Augsburg ein Konto eröffnen, zahlen für die EC-Karte nach einer Kontoumstellung seit Mai sieben Euro. Dafür sanken die Kontoführungsgebühren um 55 Cent pro Monat. Die Sparda-Bank Berlin verlangt seit Februar 7,50 Euro für die EC-Karte. Die Berliner verteuerten auch die Kreditkarte um 9,50 Euro. Die Wiesbadener Volksbank verlangt für die EC-Karte beim Internetkonto sogar zehn Euro.
Bei fast allen Banken sind EC-Karten kostenlos. Knapp 30 Banken offerieren auch die Kreditkarte gratis. Zum Vergleich: In der Spitze zahlen Kunden mit Basiskarten bei teuren Banken für ihre einfache Visa oder Mastercard derzeit 30 Euro pro Jahr.
Teuer wird es auch, wenn Kunden ihre Überweisungen schriftlich auf Papier und nicht am Automaten oder im Internet durchführen.
Für diese ‘beleghaften Überweisungen’ erhöhten vier Banken in den letzten Monaten ihre Gebühren: Die Comdirect (auf 1,90 Euro), Sparda-Berlin (1,50 Euro), die Stadtsparkasse Augsburg nach der Kontoumstellung im Mai (auf zwei Euro) und die Wüstenrot Bank (sogar auf drei Euro). Bei fast jeder zweiten Bank müssen die Kunden jetzt für die Überweisung auf Papier draufzahlen.
Dispokredite und geduldete Überziehung
Auf den ersten Blick sieht die Bilanz bei den Dispokrediten dagegen positiver aus. Jede vierte Bank hat im ersten Halbjahr die Zinsen gesenkt. Zwischen 0,07 Prozent und 1,13 Prozent gingen die Sätze nach unten.
Auf den zweiten Blick sieht die Bilanz weniger erbaulich aus. Denn die Banken müssen ihre Sätze an Referenzzinsen ausrichten. Das Gros der Institute orientiert sich am EZB-Leitzins oder dem Euribor. Beide stehen auf historisch niedrigem Niveau nahe der Null-Prozent-Marke. ‘Auch wenn in der nahen Zukunft einige weitere Institute weiter minimal absenken, müssen Kunden im Marktschnitt langfristig mit sehr hohen Sätzen rechnen’, sagt Herbst.
Im Schnitt verlangen die Banken derzeit 9,7 Prozent. In der Spitze werden immer noch 12,75 Prozent verlangt. Wie groß die Spanne ist zeigt ein Blick auf den günstigsten Anbieter. Die Skatbank verlangt nur 4,49 Prozent.
Wenn die Kunden ihr Dispolimit im Einvernehmen mit der Bank überschreiten fallen im Schnitt sogar 11,7 Prozent an. Der teuerste Anbieter verlangt für diese ‘geduldete Überziehung’ sogar 16,75 Prozent. ‘Dispokredite sind kein Instrument der mittel- oder langfristigen Kreditaufnahme’, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. ‘Für diesen Zweck sind sie schlicht zu teuer.’
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) möchte in den nächsten Wochen einen Gesetzentwurf ins Kabinett einbringen, mit dem Bürger besser vor unverhältnismäßig hohen Dispozinsen geschützt werden sollen.
Zins-Obergrenzen sind aber nicht geplant. Die SPD ging mit dem Thema in den letzten Bundestagswahlkampf, scheiterte aber am Widerstand der CDU. Jetzt soll mehr Transparenz und Beratung die Kunden zum Nachdenken bewegen, ob sie die Kosten einer teuren Kontoüberziehung tragen möchten.
Nicht nur für Kunden mit knappem Budget lohnt der Blick auf die Dispokonditionen. Damit sollten sie nicht zu langen warten. ‘Der Anbieterwechsel ist praktisch nicht möglich, wenn das Konto überzogen ist’, sagt Nauhauser. ‘Für den Girokontowechsel ist es erforderlich, vorher das Konto auszugleichen.’
Preiswerte Girokonten im Überblick
Die aufwendige FMH-Marktstudie zeigt aber auch, dass es noch Konten zu günstigen Konditionen gibt. Zahlreiche Banken verlangen weder Kontoführungsgebühren noch Kosten für Überweisungen auf Papier.
Immer mehr Institute verzichten auch auf Zinsaufschläge bei ‘geduldeten Überziehungen’ und bieten Dispozinsen von weniger als acht Prozent. ‘Auch Gratis-Kreditkarten, Guthabenzinsen und Neukunden-Boni sind noch zu entdecken’, sagt Herbst. Welche Banken ihren Kunden beim Konto ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten, zeigt folgende Tabelle. Eine überraschende Erkenntnis: Nicht nur bei Online-Konten gibt es faire und günstige Konditionen.
TABELLE
Hagen, Jens
Frankfurt
Quelle:
Handelsblatt online vom 19.06.2015