Das geliebte Tagesgeldkonto Minuszinsen sind in Deutschland keine Besonderheit mehr
–– Viele Banken bieten heute mehr als Geld und Zinsen: Sie bieten Geld und Negativ-Zinsen –oft sogar schon ab dem ersten gesparten Euro. Immerhin: Anleger haben nach wie wie vor einige (wenige) Ausweichmöglichkeiten. Noch.
Eigentlich ist es nur konsequent: Wer sein Auto abstellt, zahlt Parkgebühren. Wer Möbel einlagert, eine Storage-Gebühr. Und wer sein Geld bei der Bank aufbewahrt, der zahlt inzwischen eben auch einen gewissen Betrag für die Verwahrung des Guthabens.
Zwar überlegen die Banken noch, wie sie ihren Kunden schonend beibringen, dass sie nicht nur keine Zinsen mehr bekommen, sondern sogar Verluste machen, wenn sie ihr Geld zur Bank tragen, statt es unters Kopfkissen zu legen. Teils ist deshalb von Minuszinsen die Rede, andere verkaufen die neuen Kosten als Negativzins oder Verwahrentgelt. Im Grund geht es aber immer um dasselbe. Weil die Banken, wenn sie Geld bei der Europäischen Zentralbank parken, 0,5 Prozent Strafzinsen zahlen, kommen sie inzwischen fast nicht mehr umhin, genau diese Strafzinsen an ihre Kunden weiterzugeben.
Manche Banken verlangen Minuszinsen ab dem ersten Euro
Die Zeiten, in denen Negativzinsen auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto nur vereinzelt anzutreffen waren, sind vorbei. Heute fragt man eher, ab welchem Guthaben die Banken ein Verwahrentgelt verlangen und ob die Strafzahlungen nur Neukunden treffen oder auch Bestandskunden zur Kasse gebeten werden.
Zugegeben. Vereinzelt finden sich auch noch Banken, die Kunden symbolische 0,001 Prozent anbieten, um Negativzinsen zu vermeiden. Bei einem Anlagebetrag von 10.000 Euro bekommen Kunden dann am Jahresende die üppige Summe von zehn Cent gutgeschrieben. Ein Anbieter, der einen solchen homöopathischen Zinssatz für Bestandskunden beim Tagesgeldkonto bietet, ist die ING. Sie ist aber nicht die einzige Bank, die Sparer mit einem solchen Mini-Zins bei Laune halten will: Laut unserer Datenrecherche bieten inzwischen 56 Banken diesen Zinssatz, der diesen Namen eigentlich nicht verdient, aber eben auch nicht als Minuszins bezeichnet werden muss.
Banken müssen Kunden über Änderungen beim Zinssatz informieren
In den vergangenen Jahren ist der Markt sehr volatil geworden und Sparer mussten regelmäßig damit leben, dass Banken ihren vormals attraktiven Zins nach unten korrigierten. Auch heute noch gibt es Geldhäuser, die plötzlich von einem normalen Zinssatz auf einen Minuszins umstellen oder Sparern plötzlich ein Verwahrentgelt von bis zu fünf Euro pro Monat berechnen.
Allerdings müssen Bestandskunden über solche Maßnahmen vorab informiert werden, damit sie Möglichkeit haben, ihre Geldanlage auf den Anbieter zu verlagern, der zum aktuellen Zeitpunkt die besten Zinsen bietet.
Die Banken wissen allerdings, dass die wenigsten Kunden ihre Gelder abziehen und zu einem anderen Anbieter wechseln. Die Auswahl der Banken mit vertretbaren Zinsen auf Guthaben wird daher wöchentlich kleiner. Dennoch: Mit Negativzinsen auf dem Tagesgeldkonto müssen Anleger sich nicht in jedem Fall abfinden. Noch nicht.
Zins oder Minuszins – die Gretchenfrage für Privatkunden
Laut dem Tagesgeldvergleich der FMH-Finanzberatung gibt es nach wie vor einige Banken, die Bestandskunden aufs Tagesgeld einen Zins von 0,25 Prozent bezahlen – die luxemburgische Advanzia bietet sogar 0,3 Prozent. Das ist zwar keine Spitzenrendite, macht sich im Vergleich zu einem Anbieter mit Negativzinsen aber durchaus bemerkbar. Bei einer Anlagesumme von 30.000 Euro machen Sparer immerhin 225 Euro gut, wenn sie, statt einen Strafzins von 0,5 Prozent zu zahlen den positiven Zins von 0,25 Prozent mitnehmen.
Stand: 10.3.2020 | Tagesgeld / Guthaben | Giro- Kontokorrentkonten | ||
Bank | Negativzins | ab ... | Negativzins | ab... |
Kreissparkasse Euskirchen | -0,50% | 50.000 € | -0,50% | 10.000 € |
Kreissparkasse Weilburg | -0,50% | 30.000 € | -0,50% | 30.000 € |
Raiffeisenbank Oberpfalz Süd | -0,50% | 1 € | -0,50% | individueller Freibetrag |
Volksbank Rathenow | -0,50% | 25.000 € | -0,50% | 25.000 € |
VR-Bank Westmünsterland | -0,50% | 1 € | -0,50% | individueller Freibetrag |
lt. Angaben der Banken (Homepage); Beispiele aus 90 vorliegenden Minuszinsangeboten |
Kaum Möglichkeiten, Strafzinsen zu umgehen, haben hingegen besonders wohlhabende Sparer. Wer einen Anlagebetrag von einigen hunderttausend Euros auf dem Tagesgeldkonto oder Girokonto parkt, für den sind die Strafzahlungen à la EZB aber meist kein größeres Problem. Dieser Klientel ist die Sicherheit der Geldanlage und tägliche Verfügbarkeit des Guthabens meist deutlich mehr wert als ein halbes Prozent Verwahrentgelt im Jahr.
Fazit: Negativzinsen aufs Tagesgeld sind in Deutschland inzwischen Normalität. Auch für Guthaben auf dem Girokonto zahlen immer mehr Sparer eine solche Parkgebühr – einen echten Zins fürs Geld auf dem Girokonto gibt es schon seit Jahren nicht mehr. Einige Sparkassen und Banken kommen zwar noch ohne Minuszinsen für Normalanleger aus, für Gewerbetreibende oder institutionellen Anleger ist es aber schon so gut wie selbstverständlich, dass Banken den Strafzins der EZB an sie weiterreichen – und das nicht erst ab 100.000 Euro und mehr.
Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen Privatkunden und gewerblichen Anlegern: Mit letzteren verhandeln die Banken, ab welchem Anlagebetrag der Negativzins fällig wird – private Sparer stellen sie meist vor vollendete Tatsachen und verlangen die Strafzahlung beim Tagesgeld auch schon ab ersten Euro.