Dispozinsen Warnhinweise sind paradox und nutzlos!
ING-DiBa wollen Kunden warnen, wenn diese den Dispokredit nutzen und ihnen etwa einen Ratenkredit empfehlen. Damit liegen sie auf der politisch gewollten Linie. Doch die Aktion ist teils nutzlos und manchmal sogar schädlich.
–– Commerzbank undVor Kurzem ging mit großem Bohei durch die Presse, dass die beiden Banken ihre Kunden künftig mit Warnhinweisen à la „Achtung, Sie benutzen Ihren Dispokredit. Reden wir über Alternativen“ beglücken wollen. Die Institute werden den Betroffenen als Alternative etwa die Umschuldung in einen Raten- oder Rahmenkredit empfehlen.
Banken spielen Musterschüler der Politik
Damit empfehlen sich die beiden Häuser als Musterschüler der Politik, die am 24. September im Bundestag über die Dispozinsen diskutieren wird. Denn bereits im Koalitionsvertrag findet sich die Forderung nach solchen Warnhinweisen und nach der Empfehlung günstigerer Alternativen. Kein Wunder, dass der Minister für Verbraucherschutz auf Nachahmer hofft – und ebenso wenig ist es ein Wunder, dass schon die nächsten Musterschüler willfährig die Finger heben, weil sie sich „den Guten“ anschließen wollen.
Warum dann Dispokredite nicht gleich abschaffen?
Dabei kann man angesichts der koordinierten Alibi-Aktion von Politik und Banken, die uns hier als Verbraucherschutz verkauft werden soll, durchaus ins Grübeln kommen. Ganz vorne steht die Frage: Warum bietet die Bank dem Kunden einen Dispokredit an, der zudem vereinbart und nicht einfach so beansprucht werden kann, wenn sie ein paar Wochen später davor warnt und stattdessen den Umstieg auf eine andere Kreditart empfiehlt? Allein das wäre schon ein Grund, die Warnhinweise als Show anzusehen.
Alibi-Aktion kann eigene Ziele kaum erreichen
Doch es kommt noch „besser“, denn diese Werbeoffensive im Mantel des Verbraucherschutzes kann das von ihr selbst angegebene Ziel in vielen Fällen gar nicht erreichen. Dies liegt daran, dass die Ratenkredite oft erst ab einer Summe von 5.000 Euro vergeben werden. Diese Summe liegt im Falle vieler Kunden über den drei Monatsnettogehältern, die der Dispokredit maximal ausmacht. Das bedeutet: Viele Kunden, die im Dispo sind und von den Banken gewarnt werden sollen, können ihren Dispo- gar nicht in einen Ratenkredit umschulden, selbst wenn sie es wollten. Auch der Hinweis auf Rahmen- bzw. Abrufkredite zieht nicht, da es sich dabei um ein selten attraktives Nischenprodukt handelt. Fazit: Warum soll es sinnvoll sein, die Kunden zu warnen, wenn kaum jemand in der Lage ist umzuschulden?
Der Blick auf die Belastung fehlt
Noch triftiger ist das dritte Argument gegen diese Aktion: Die mögliche Umschuldung in einen zinsgünstigeren Raten- oder Rahmenkredit kann der Einstieg in die Schuldenfalle sein. Für Laien und auch für hochrangige Politiker ist zunächst unstrittig, dass bei ein- und derselben Bank Ratenkreditzinsen von 4,95 Prozent besser sind als Dispozinsen von 11,61 Prozent. Leider wird mit diesem Gedanken Folgendes nicht erkannt: Der Kunde muss beim Raten- und meist auch beim Rahmenkredit nicht nur Zinsen zahlen, sondern auch das Darlehen tilgen, wozu er beim Dispokredit erst einmal nicht verpflichtet ist.
Der Einstieg in die Schuldenfalle?
Doch kann ein Schuldner, der Mühe hat, monatlich 48,38 Euro für den obigen Dispokredit über 5.000 Euro zu zahlen, die höhere Rate von 149,50 Euro für den billigeren Ratenkredit ohne Weiteres stemmen? Zudem wird übersehen, dass sein Girokonto dann im Guthaben geführt wird, dieses aber sehr selten und maximal mit mickrigen 0,25 Prozent verzinst wird. Der Kunde zahlt also die geringeren Zinsen für den gesamten Kreditbetrag und profitiert nicht mehr von den unterschiedlichen Dispohöhen nach einem Geldeingang. Gut möglich daher, dass der Betreffende in ein paar Monaten erneut den Dispokredit in Anspruch nehmen muss, weil er die zusätzlichen 100 Euro für die Ratentilgung sonst nicht aufbringen kann.
Zinssenkung auf breiter Front wäre sinnvoller
Fazit: Die von den Banken initiierte und von der Politik beklatschte Aktion hat mit Verbraucherschutz wenig zu tun. Sie ist eine große Show, die der Politik gefällt und sie vielleicht sogar ruhig stellt – ganz nach dem Motto: Die Banken tun was und denken an den Kunden. Weitaus sinnvoller als Warnhinweise zu verschicken wäre es, die Dispozinsen auf breiter Front zu senken oder sie – wenn der politische Wille vorhanden wäre – notfalls zu deckeln. So wäre ein Aufschlag von acht, maximal neun Prozent auf den EZB-Leitzins eine gute Obergrenze.
Top-Banken verlangen fünf bis acht Prozent
Kunden, die darauf nicht warten und schon jetzt weniger Dispozinsen zahlen wollen, können unseren Girokonto-Vergleich nutzen. Während Commerzbank und andere Häuser Zinsen über zehn Prozent verlangen und dies mit den angeblich hohen Kosten für die Vorhaltung des Dispokredits begründen, fragt man sich, wie andere Banken deutlich günstigere Dispokredite zwischen fünf und acht Prozent anbieten können. Übrigens: Wir weisen in unserem Girokonto-Vergleich jetzt die Überziehungszinsen in der Spalte „Erhöhung für weitere Überziehung“ separat aus. Damit kann man schneller erkennen, welche Banken keinen Strafzins erheben, wenn das Limit für den Dispokredit überschritten wird.