Bank rät zum Hypotheken-Abschluss? Dann prüfen Sie genau! Branche nutzt leichten Zinsanstieg als Verkaufsargument / Konditionen ebenso wichtig
–– Banker und Vermittler von Hypothekendarlehen frohlocken derzeit: Die Zinsen für Baudarlehen steigen etwas, aber nicht zu stark. Das ist aus ihrer Sicht ideal, denn in diesem Umfeld können sie gezielt Interessenten mit dem Argument „Lange können wir diese günstigen Zinsen nicht mehr halten“ leichter zum Kreditabschluss bewegen. Doch unterschreiben sollte nur, wer auch alle anderen wichtigen Kriterien gut verhandelt hat – sonst kann der schnelle Abschluss finanziell schnell als „Schuss in den Ofen“ enden.
Der repräsentative FMH-IndeX zeigt es: Die Zinsen für 15-jährige Baudarlehen sind seit ihrem Tief vom 6. Juni von 2,97 auf inzwischen 3,12 Prozent gestiegen; bei den zehnjährigen Krediten fiel der Anstieg von 2,60 auf 2,67 Prozent etwas geringer aus. Gleichwohl erfüllt er als hübscher Zacken nach oben auf der Zins-Grafik durchaus seinen Zweck. Denn Banker und Vermittler können nun den Anfang vom Ende der fallenden Zinsen ausrufen und vor den Interessenten ein Szenario bald deutlich steigender Baugeldzinsen ausbreiten. Die Botschaft: Wer jetzt nicht abschließt, muss mit etlichen tausend Euro an zusätzlichen Kosten rechnen.
Auch die Banker haben keine Glaskugel
Ob das stimmt, wissen natürlich auch die Banker nicht. Zu viele, vor allem politisch bedingte Unwägbarkeiten beeinflussen derzeit die Rendite für Bundesanleihen und Pfandbriefe, die wiederum die Höhe der Bauzinsen maßgeblich bestimmen. Doch für die Branche ist die Story von „Jetzt unterschreiben oder später teuer bezahlen“ aus mehreren Gründen ideal. Zum einen kann sie die lukrativsten Interessenten in Kunden verwandeln und deren Abwandern zur Konkurrenz verhindern, zum anderen lichten sich so die Anfragen auf den Schreibtischen von Bankern und Baugeldvermittlern.
Unbedingt mehrere Angebote einholen
Sicher bietet sich angesichts der immer noch sehr niedrigen Zinsen jetzt eine gute Gelegenheit, um ein Hypothekendarlehen mit einer Zinsbindung von 15 oder 20 Jahren festzuschreiben. Und der rechtzeitige Hinweis der Bank, dass eventuell eine Zinswende stattgefunden hat, kann für viele Kreditnehmer mehrere zehntausend Euro wert sein. Dennoch sollten Interessenten einem solchen Hinweis nur folgen, wenn sie zumindest ein oder besser zwei alternative Angebote eingeholt und sich so einen Marktüberblick verschafft haben. Das verringert die Gefahr, dass sie ein teures Darlehen nur deshalb einkaufen, weil es in wenigen Wochen vermutlich noch teurer werden würde.
Sondertilgung verhindert Entschädigung an die Bank
Ebenso wichtig wie ein attraktiver Zins sind Kreditkonditionen, die eine Anpassung der Tilgung an die eigenen Lebensumstände erlauben. Wer solche Elemente nicht im Darlehensvertrag stehen hat, zahlt mit hoher Wahrscheinlichkeit über die Jahre hinweg mehr, als sich aktuell durch einen schnellen Abschluss des Darlehensvertrages einsparen ließe. Dazu gehört das Recht auf mehrfache Sondertilgungen. Wer darauf verzichtet und in den ersten zehn Jahren seiner Darlehens den Schuldenstand außerplanmäßig senken will, muss dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung entrichten, die mehrere tausend Euro betragen kann.
Tilgungshöhe lässt sich an Lebensumstände anpassen
Unbedingt in den Darlehensvertrag gehört auch die Möglichkeit, mehrfach die Tilgungshöhe anzupassen. Mit dieser Vereinbarung sichern sich Kreditnehmer gegen Änderungen ihrer beruflichen und/oder familiären Situation ab. Geht es etwa mit Karriere und Gehalt bergauf, kann die monatliche Tilgungsrate erhöht werden. Wenn der Nachwuchs studiert und kontinuierliche Zuschüsse von Seiten der Eltern benötigt, sorgt eine geringere Tilgungsrate für ein entspannt handhabbares Haushaltsbudget.
Übrigens: Sollte der Banker, der den Kreditabschluss empfiehlt, „angesichts weiter steigender Zinsen“ zu einem Bausparvertrag raten, mit dem das Darlehen später getilgt werden soll, wissen Sie: Diesem Finanzfachmann geht es weniger um Ihr Wohlergehen als um die Abschlussgebühr für den Bauparvertrag. Denn finanzmathematisch ist es schlicht sinnlos, über Jahre hinweg zu einem Prozent anzusparen, wenn Sie heute mit diesem Geld ein Darlehen, das Sie drei Prozent im Jahr kostet, tilgen könnten.
Autor: Max Herbst, Inhaber der FMH-Finanzberatung