Immobilienkauf ohne Eigenkapital
Eigenkapital anzusparen lohnt sich beim Immobilienkauf nicht. © OBprod / Adobe Stock

Frankfurt 08.03.2019 –– 20 bis 30 Prozent Eigenkapital seien sinnvoll, wenn man eine Immobilie kaufen will, hört man immer wieder. Doch was, wenn die Gelegenheit günstig, aber gerade nicht genügend Eigenkapital vorhanden ist? Sollte man es erst einmal ansparen und wenn ja, wie viel? Wir haben fünf Argumente für und wider.

Dass man 20 bis 30 Prozent des Kaufpreises als Eigenkapital in die Baufinanzierungfinanzierung einbringen sollte, ist eine überholte Aussage, die man auch nicht mehr bei Finanztest und Verbraucherzentralen als Standardvorgabe lesen kann. Denn auch der Gesetzgeber hat mittels Wohnimmobilienkreditrichtlinie dafür gesorgt, dass Banken weniger auf die verfügbaren Barmittel als die langfristige Bedienbarkeit der Kredite achten müssen. Allerdings: Die Kaufnebenkosten sollten Sie schon in der Tasche haben oder in Form von Zusatzsicherheiten anderweitig absichern (siehe unten). Je nach Bundesland können diese Nebenkosten, inklusive Maklerkosten, über 10% des Kaufpreises ausmachen.


Das spricht für genügend Eigenkapital

Es hat durchaus Vorteile, mit einem gewissen Eigenkapital in die Kreditverhandlungen zu gehen:

1. Eine (neue) Restschuldversicherung abschließen

Wer Anfang März 2019 ein Haus für 400.000 Euro kauft und diesen Betrag komplett finanziert, hat bei einer Zinsbindung von 15 Jahren fest und 3 % Tilgung einen Effektivzins von 1,97 Prozent beim besten Anbieter zu erwarten.

Mit ausreichend Eigenkapital dagegen wäre ein Zinssatz von nur 1,25 % bzw. 1,30 % möglich. Der Vorteil im Zins, in den Raten und der Restschuld ist logisch.

2. Niedrigere Finanzierungsrate /Höhere Tilgung

Je höher das Eigenkapital zum Start der Finanzierung, desto geringer kann die monatliche Tilgungsrate ausfallen. Das erleichtert die Haushaltsbelastung und gibt mehr Spielraum für individuelle Vereinbarungen mit der Bank - ob Sondertilgung oder Tilgungsveränderungen. Alternativ kann man auch einfach von vornherein eine höhere Tilgung wählen und so schneller Richtung Schuldenfreiheit steuern.

2. Mehr Geldgeber zur Auswahl

100-Prozent-Finanzierungen bietet nicht jede Bank. Wer dagegen genügend Eigenkapital einbringt und zum Beispiel nur 70 % des Kaufpreises finanzieren muss, dem steht fast die gesamte Finanzierungswelt zur Verfügung. Je weniger Eigenkapital vorhanden, desto weniger Geldgeber stehen für den Hauskauf zur Verfügung.

Diese Vorteile sind dermaßen einleuchtend, dass man sich automatisch fragt: Spricht denn überhaupt etwas gegen das Ansparen von Eigenkapital vor dem Hauskauf?


Das spricht fürs Kaufen ohne ausreichend Eigenkapital

Die meisten Käufer kostet es schon etwas Überwindung, eine so große Investition komplett auf Schulden aufzubauen. Andererseits sprechen die folgenden Punkte dafür:

1. Die Vorteile erübrigen sich durch die Ansparzeit

Wer nicht gerade kostenlos bei Verwandten wohnt, hat meist eine hohe Miete zu bestreiten. Zusätzlich dazu auch noch eine hohe Ansparrate zur Seite zu legen, dürfte schwierig sein. Geht man von der Hausfinanzierungsregel aus, dass nicht mehr als 35 % des Nettohaushaltseinkommens für die Finanzierung eingesetzt werden sollten, wären das bei 4.000 Euro Familiennettoeinkommen 1.400 Euro im Monat. In Großstädten ist das bereits die Miete für eine Drei- bis Vierzimmerwohnung.

Doch selbst wenn noch 400 bis 500 Euro monatlich zum Sparen übrig blieben, ergäbe das in 10 Jahren nur 60.000 Euro. Gut, vielleicht steigt das Gehalt im Laufe der Jahre und es werden 87.500 Euro. Doch in der Zeit steigen auch die Immobilienpreise. Unterstellt man 2% jährliche Preissteigerung (in Ballungsräumen sind es aktuell 10 bis 20 % jährlich), läge die Immobilie, die heute noch 400.000 Euro kostet, in 10 Jahren bei 487.000 Euro. Das angesparte Eigenkapital würde rein rechnerisch also überhaupt keinen Unterschied machen, da es so oder so auf ein Darlehen in Höhe von 400.000 Euro hinauslaufen würde.

Der einzige Unterschied wäre, dass man unter Umständen geringere Zinsen zahlen müsste, da man nur noch 82% statt 100% Beleihung hätte. Allerdings weiß niemand, wie die Zinsen oder Immobilienpreise in 10 Jahren stehen.

2. Die Ansparphase fehlt in der Rückzahlungsphase

Die meisten Kunden wären bei Renteneintritt gern schuldenfrei. Unsere Musterfamilie ist 35 Jahre alt und hat folglich noch 32 Jahre mögliche Finanzierungszeit vor sich.

So sieht die Rechnung beim Sofortfinanzierer aus:

Der Sofortfinanzierer finanziert die 400.000 Euro Kaufpreis mit 1,92% Zinsen und 2% Tilgung. Ergibt eine monatliche Rate von 1.313 Euro. Selbst wenn der Anschlusszins in 15 Jahren bei 3% sein sollte, würde die Rate nur auf 1.667 Euro ansteigen – Selbst bei 2% durchschnittlicher Gehaltssteigerung wären dies in 15 Jahren nur 31% Belastung, bezogen auf das spätere Einkommen. Also weiterhin keine Katastrophe in Sicht.

So sieht die Rechnung für den Ansparer aus:

Wer erst einmal zehn Jahre die oben genannten 400 bis 500 Euro anspart, benötigt er schon – vorausgesetzt, die Zinsen würden sich nicht verändern - 3% jährliche Nettogehaltssteigerung, um in 10 Jahren eine Rate von 1.800 Euro tragen zu können. Denn nur so wäre er ebenfalls mit 67 schuldenfrei. Gehen wir von dem wahrscheinlicheren Fall aus, dass die Zinsen auf 3% steigen, müsste das Gehalt schon jährlich um 4% steigen, damit er in 10 Jahren eine Rate von 2.050 Euro stemmen könnte. Das wäre nämlich die Ratenhöhe, um bei 3% Bauzinsen nach 22 Jahren schuldenfrei zu sein.

Allein diese beiden Beispiele zeigen schon, wie viele Wenn und Aber in die Rechnung hineinspielen, die nicht vom Sparer beeinflusst werden können: die Sparrate, die späteren Immobilienpreise und die nicht voraussehbaren Hypothekenzinsen.

Alternative zum Eigenkapital: Ersatzsicherheit

Wer Glück und sehr nette Eltern hat, kann diese auch für die Finanzierung heranziehen. So besitzen die Eltern vielleicht bereits ein schuldenfreies Haus, das als Zusatzsicherheit dienen könnte. In diesem Fall würde zum Beispiel ein Betrag von 120.000 oder 80.000 Euro auf dem Elternobjekt abgesichert. Darlehensnehmer wären dennoch die Hauskäufer und nicht die Eltern. Damit könnte man sich die wesentlich günstigeren Zinsen für sein gesamtes Darlehen sichern. Statt einer Immobilie könnte beispielsweise auch ein Aktiendepot – das eigene oder das der Eltern - als Sicherheit dienen und niedrigere Zinsen bedeuten.

Für Testzwecke können hier alle Rechner aufgerufen werden. Wird auf der richtigen Seite dann nicht mehr angezeigt.
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