Mieten oder kaufen – so rechnen Sie richtig Wer eine Immobilie kaufen sollte und wer nicht
–– Bei den teils horrenden Mieten, die aktuell den Wohnungsmarkt beherrschen, fragt sich so mancher Mieter, ob er nicht lieber kaufen sollte. Wir verraten Ihnen, welche Faktoren entscheidend sind und wie Sie herausfinden, ob Sie eine Immobilie kaufen sollten oder lieber nicht.
So funktioniert der „Mieten oder Kaufen“-Rechner
In der Regel ist die monatliche Belastung durch die Miete geringer als die monatliche Belastung durch eine Tilgungsrate. Diese Differenz ermittelt der Rechner und unterstellt, dass der Mieter dieses Geld, das er monatlich spart, zur Seite legt. Schließlich vergleicht der Rechner den Wert der anwachsenden Kapitalanlage mit dem (anwachsenden) Wert der Immobilie und zeigt Ihnen sehr genau, ob und ab wann sich die eigene Immobilie auszahlt – oder eben nicht.
Diese drei Faktoren entscheiden, ob sich das Kaufen lohnt:
Die Miete als Parameter: Weshalb Ihre (zukünftige) Miete entscheidend ist
Das stetige Mietenwachstum ist kein gefühlter, sondern ein tatsächlicher Wert: Obwohl das Hamburger Marktforschungsinstitut F + B unlängst erstmals seit 14 Jahren einen leichten Rückgang der Neuvertragsmieten im Vergleich des ersten Quartals 2019 zum letzten Quartal 2018 verzeichnete, sind die Mieten im Vergleich zum Vorjahr um 2 bis 5 % gestiegen. In den letzten 15 Jahren sind die Mieten laut empirica-Preisdatenbank deutschlandweit um 33,9% gestiegen.
Mieter, die jetzt nach fünf oder zehn Jahren aus einem bestehenden Mietverhältnis ausziehen und eine neue Wohnung suchen, müssen also meist deutlich mehr zahlen als bisher. In diesem Fall ist die Überlegung, eine Immobilie zu kaufen anstatt zu mieten, durchaus überlegenswert, wie das folgende Beispiel zeigt.
Beispiel A:
Stellen wir uns vor, ein Mieter müsste (zukünftig) 1.200 € Miete zahlen. Würde er stattdessen eine vergleichbare Wohnung kaufen, müsste er 360.000 € (siehe Der Kaufpreis) investieren. Angespart hat er allerdings nur 20.000 €, die nicht einmal zur Bezahlung der Kaufnebenkosten reichen. Zum Glück kann er auf dem Objekt seiner Eltern eine zusätzliche Grundschuldabsicherung von 40.000 € vornehmen. Alternativ hätte er seine Lebensversicherung beleihen können, was er allerdings nur ungern getan hätte. Die 40.000 € Zusatzsicherheit und einiges von seinem Eigenkapital reichen nun aus, um die 13% Kaufnebenkosten (46.800 €) zu decken. Dafür nimmt er ein separates Darlehen auf. Dieses Darlehen über 40.000 € will er innerhalb von 15 Jahren komplett tilgen, was eine monatliche Rate von 255 € bedeutet. Die 360.000 € Kaufpreis finanziert er mit einem Darlehen über 15 Jahre fest mit 2% Tilgung (Effektivzins 1,93%), das eine monatliche Rate von 1.170 € bedeutet und seiner (zukünftigen) Miete entspricht. Das Hauptdarlehen und das Zusatzdarlehen zusammen kosten mit monatlich 1.425 € etwas mehr. Hinzu kommen 150 €, die er monatlich für Rücklagen und Verwaltung zur Seite legen müsste. Gesamtkosten pro Monat 1575 Euro.
Würde unser Beispielmieter stattdessen diese Wohnung für 1.200 Euro mieten und die 375 €, die er monatlich mehr zur Verfügung hätte, in einen ETF-Fonds mit erhofften 5 % Rendite investieren, würde er im Laufe der Zeit trotz 1% Mietsteigerung eine hübsche Summe ansparen – nämlich 340.000 € in 40 Jahren. Vergleichen wir das mit dem Immobilienwert – auch hier unterstellen wir 1% Wertsteigerung – wäre das allerdings weniger als die Wohnung nach 40 Jahren wert wäre, nämlich 530.000 €.
Das bedeutet, in diesem Fall würde sich der Immobilienkauf rechnen. Zudem ist der Immobilienkauf wie oben gezeigt auch ohne großen Eigenkapitaleinsatz, beispielsweise durch Unterstützung der
Eltern, einfacher möglich als manch einer denken mag. Allerdings sind Miet- und Immobilienwertsteigerung sowie die Rendite eines ETF-Fonds nicht vorausschaubare Parameter. Ändert sich einer dieser Werte, ändert sich womöglich auch das Fazit des Vergleichs.
Weniger lohnenswert ist der Kauf einer Immobilie, wenn Mieter aktuell sehr günstig wohnen und voraussichtlich auch weiter werden. Rein mathematisch würde es sich in diesem Fall nämlich mehr lohnen, das Geld anstatt in eine Immobilie in eine Geldanlage zu investieren. Erfahrungsgemäß steigen Bestandsmieten jährlich nur sehr gering an und werden auch bereits von einzelnen Kommunen auf möglichst 1% pro Jahr begrenzt. Daher rechnen wir in unseren Beispielrechnungen nur mit 1% Mietsteigerung und 1% Immobilienwertsteigerung.
Beispiel B:
In diesem Beispiel gehen wir von den gleichen Parametern wie in obigen Beispiel aus, allerdings zahlt unser Mieter diesmal nur 1.000 € Miete für seine Wohnung. In diesem Fall blieben dem Mieter 575 €, um sie jeden Monat in einen ETF-Fonds zu investieren. Innerhalb weniger Jahre hätte er eine Summe von 690.000 Euro angespart, die den Immobilienwert übertreffen würde.
Der Haken: Kaum ein Mieter wäre vermutlich so konsequent, diese Summe von bis zu 575 Euro monatlich zur Seite zu legen. Denn obwohl das Geld faktisch vorhanden ist, basiert das Modell des Sparens auf Freiwilligkeit. Und während der Darlehensnehmer gezwungen ist, sein Darlehen abzubezahlen und Rücklagen zu bilden, muss der Mieter gar nichts. Es wäre also eine ordentliche Portion Selbstdisziplin nötig, um ein solches Vermögen aufzubauen.
Hinzu kommt: Auch die Qualität der Geldanlage – also die Höhe der voraussichtlichen Rendite – spielt in diesem Szenario eine wichtige Rolle. Denn ob man sein Erspartes auf einem Zinskonto für 1% vor sich hin dümpelt oder in einem ETF-Fonds mit womöglich (aber nicht garantierten) 5% für sich arbeiten lässt, macht in 40 Jahren durchaus einen Unterschied.
Der Kaufpreis muss realistisch sein, sonst rentiert sich das Eigenheim nie.
Der Kaufpreis einer Immobilie ist aus drei Gründen wichtig: Erstens entscheidet er darüber, wieviel man überhaupt an Kredit erhält – denn bei völlig überteuerte Objekte erwarten die Geldgeber einen entsprechend hohen Eigenkapitaleinsatz, der den überteuerten Teilbetrag abdecken. Zweitens entscheidet er darüber, ob sich der Immobilienkauf im Gegensatz zur Miete lohnt. Und drittens macht ein mögliches Kaufobjekt die Überlegung „Mieten oder kaufen?“ erst mathematisch möglich. Während man noch vor einigen Jahren einen Kaufpreis ansetzte, der etwa dem 15- bis 20-fachen der monatlichen Jahreskaltmiete entsprach – darüber hinaus finanzierten Banken selten – lautet die aktuelle Faustregel: Die 25-fache Jahreskaltmiete ergibt einen realistischen Kaufpreis. In unseren obigen Beispielen sind das 360.000 € bei 1.200 € Miete.
Zwar werden in Ballungsräumen mit explodierenden Kaufpreisen auch Objekte finanziert, die deutlich über der 25fachen Miete liegen – in München beispielsweise gab es auch schon Angebote bis zur 40-fachen Jahreskaltmiete. Rentabel sind diese Angebote selten – eben Liebhaberobjekte.
Welchen Immobilienpreis Sie sich mit Ihrem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen und Ihren Belastungen leisten können, finden Sie mit unserem Hauskaufrechner heraus. Die hier abgefragten Parameter werden auch von Finanzierungspartnern vor einer Darlehensvergabe zur Entscheidung herangezogen.
Das verfügbare Eigenkapital
Zwar lässt sich, siehe Beispiel A weiter oben, eine Immobilie auch mit sehr wenig Eigenkapital realisieren. Allerdings wird der Kauf immer einfacher – wenn auch nicht unbedingt lohnenswerter, je mehr Eigenmittel vorhanden sind. Durch ein Eigenkapital von zum Beispiel 80.000 Euro wird zwar der Kredit insgesamt günstiger, da die Beleihung sinkt, aber auf der anderen Seite könnte der Zinseszinseffekt in der Geldanlage noch einen stärker Hebel bewirken. Viel Eigenkapital erleichtert die Baufinanzierung, muss aber nicht unbedingt die bessere Anlageentscheidung sein wenn man als Mieter konsequent in einen ETF-Fonds ansparen würde.