Unterschiedliche Ratenkredit-Modelle Was ist besser – bonitätsabhängige oder -unabhängige Zinsen?
–– Manche Halbwahrheiten halten sich hartnäckig. Bonitätsunabhängige Kredite gibt es auch für Kunden mit eher dürftigem Finanzpolster? Gut situierte Kreditnehmer erhalten die besten Konditionen? Von wegen! Wie die Kreditvergabe wirklich läuft.
Ihr Konto war seit Jahren nicht im Minus? Rechnungen begleichen Sie stets ohne Aufschub und Ihre Eigentumswohnung ist bereits zur Hälfte abbezahlt? Erfreulich! Sie sollten allerdings nicht davon ausgehen, dass sie deshalb die günstigsten Konditionen erhalten, wenn Sie bei Ihrer Bank einen Ratenkredit beantragen. Zwar werben viele Geldhäuser damit, eine exzellente Bonität mit herausragenden Bedingungen zu belohnen. Am Ende kommen aber nur etwa zwei bis drei Prozent der Kunden in diesen Genuss.
Ähnliche Enttäuschungen erleben oft auch Interessenten, deren Finanzlage eher angespannt ist. Wer Rechnungen erst nach der zweiten Mahnung zahlt und ohne eine geduldete Dispoüberziehung kaum über die Runden kommt, setzt seine Hoffnungen oft auf bonitätsunabhängige Kreditangebote. Folgt dann die Absage, ist das Erstaunen groß – denn natürlich ist der Kunde davon ausgegangen, dass sein Schufa-Score bei der Vergabe keine Rolle spielt. Bonitätsunabhängig bedeutet nur, dass jeder den gleichen Zinssatz bekommt, ob Manager oder Lagerarbeiter. Es heißt aber nicht, dass ohne Bonitätsprüfung ein Kredit vergeben wird.
Was also ist zu tun, wenn eine größere Anschaffung ansteht – und damit auch die Frage nach dem passenden Kredit aktuell wird? Hier sind mehrere Szenarien denkbar.
Vergleichen lohnt sich
Kunden, die eine Finanzierung brauchen, sollten idealerweise mehrere Banken nach den Konditionen fragen. Welches Angebot den Zuschlag erhält, entscheidet das Gesamtpaket: Wichtig sind nicht nur gute Zinsen sondern auch optimale Bedingungen wie die Möglichkeit, kostenfreie vorzeitige Sondertilgungen oder Rückzahlungen vorzunehmen. Beim Autokredit spielt es oft auch noch eine Rolle, ob man den Kfz-Brief an die Bank abtreten muss.
Kreditsuchende mit viel Zeit für Recherchen können bei Banken beider Angebotsgruppen eine Anfrage stellen, sich also sowohl über bonitätsabhängige als auch über bonitätsunabhängige Angebote informieren. Wichtig ist dabei, dass die Banken bei der Schufa nur eine Konditionsanfrage und keine Kreditanfrage stellen – sonst droht die Gefahr, dass allein diese Anfrage den Schufa-Score verschlechtert.
Wer wenig Zeit hat und glaubt, dass er eine gute bis sehr gute Bonität hat, kann seine Anfrage auch direkt bei der Bank mit den besten Konditionen stellen – er kann gleichzeitig unterstellen, dass er die besten bonitätsunabhängigen Zinsangebote im Zweifelsfall bekommt. Erfolgt die Einstufung nicht wie erwartet, besteht immer noch die Möglichkeit, auf Anbieter mit Einheitszinsen auszuweichen.
Die Hoffnung nicht sinken lassen
Anders sieht es bei Kunden aus, die ihre Bonität für mittelmäßig oder gering halten. Ihnen empfiehlt die FMH Finanzberatung, zuerst ein bonitätsunabhängiges Angebot einzuholen und parallel den Weg über gestaffelte Zinsangebote zu gehen.
Äußert die gewählte Bank mit allgemein gültigen Zinsen Bedenken oder will sie den Kredit nur gegen Zusatzsicherheit gewähren, könnten Kunden auf die individuelleren Zinsangebote ausweichen. Für viele Kreditnehmer lautet die Devise: Lieber schlechtere Zinssätze als gar keinen Kredit. Denn auch hier gilt: Es gibt keine klaren Bonitätsvorgaben, die die Reaktionen der Banken vorhersehbar machen. Es ist durchaus denkbar, dass ein Geldhaus einem Kunden noch eine mittlere Bonität bescheinigt, während die andere bereits von schlechten Werten ausgeht.
Nachträgliche Korrekturen sind möglich
Wer es eilig hat und sich eher in der geringeren Bonität sieht, sollte gezielt nach Angeboten mit Staffelzinsen fragen. Die sind zwar nicht immer die günstigsten – dafür aber sind sie relativ leicht zu bekommen. Zudem ist das Risiko gering: Im schlimmsten Fall lassen sich bereits abgeschlossene Kredite auch wieder kündigen. Grundsätzlich kostet ein solcher Schritt zwar bis zu ein Prozent Vorfälligkeitsentschädigung auf die Restschuld. Diese Belastung ist aber überschaubar – vor allem, wenn der Kunde zeitgleich ein günstigeres Darlehen abschließt.
Vorsicht: Je schlechter die Bonität, desto stärker drängen Berater oft auf den Abschluss von Restschuldversicherungen. Diese Policen sind jedoch nicht zu empfehlen – zumal die Gesellschaften bei einer vorzeitigen Kündigung des Vertrages den Löwenanteil der Einmalprämie behalten, statt ihn zu erstatten.
Grundsätzlich gilt jedoch: Die Kündigung ungünstiger Kreditverträge kann sich durchaus lohnen: Bei einer Summe von 5.000 Euro und einer Laufzeit von 60 Monaten macht der Unterschied zwischen dem besten Angebot (2,99 Prozent effektiv) und dem schlechtesten Angebot (9,99 Prozent effektiv) derzeit 15 Euro pro Monat aus. Viel Geld. Wer einen solchen Kredit vorzeitig kündigt und zum besten Anbieter wechseln kann, müsste zwar 50 Euro Entschädigung zahlen. Diesen Betrag hätte er aber binnen Monaten wieder „hereingespart“.
Fazit: Kredite, ohne Bonitätsprüfung gibt es nicht. Ebensowenig existieren klare Vorgaben, wen Banken als solvent einstufen – und wer bei ihnen durchs Raster fällt. Das muss für Kunden jedoch nicht immer ein Nachteil sein. Selbst wer vorschnell einen ungünstigen Vertrag unterschreibt, kann diesen Fehler meist ohne großen Aufwand auch nachträglich noch korrigieren.