Vollfinanzierung in der Baufinanzierung Zum Eigenheim ohne Eigenkapital? Ist das nicht riskant?
–– Bei den aktuell noch niedrigen Hypothekenzinsen denken auch diejenigen über einen Immobilienkauf nach, die noch keine umfangreichen Rücklangen bilden konnten. Doch bekommt man ohne Eigenkapital überhaupt einen Kredit – und ist das nicht zu riskant? Wir haben die Fakten, Pros und Kontras für Sie zusammengestellt.
Bei den Vollfinanzierungen stehen sich Angebot und Nachfrage harmonisch gegenüber: Kunden suchen sie, Banken bieten sie an – auch wenn offizielle Statements dazu oft gegenteilig ausfallen. Allein in den ersten 8 Monaten dieses Jahres wurde über die Hypothekenvergleiche der FMH-Finanzberatung ganze 285.000 Mal eine 100% Finanzierung gesucht. 350.000 Nutzer fragen die Konditionen für bis zu 65% Beleihung an, 36.000 wollten die Zinsen sogar für mehr als 100% des Kaufpreises erfahren.
Und obwohl Banken nicht gern darüber sprechen, bieten sie die so genannte 100-Prozent-Finanzierung – die Baufinanzierung fast ohne Eigenkapital – auch an. Fast deshalb, weil zumindest die Kaufnebenkosten aus eigenen Mitteln gestemmt werden sollten. In den letzten 3 Jahren hat sich im Verhalten der Banken bei 100% Finanzierungen nicht sehr viel geändert, wie unser Beitrag vom März 2015 zeigt. Aktuell prescht die Münchener Hypothekenbank vor, die während ihrer „Wiesn-Aktion“ vom 01.09. bis 31.10.2018 – solange das Sonderkontingent reicht – auf die Zinsaufschläge von 60 bis 100% des Beleihungswertes (etwa 90% des Kaufpreises) verzichtet. Mit diesem Angebot wird sie in unserem Zinsvergleich bei Finanzierungen mit wenig Eigenkapital ganz vorne zu finden sein. Diese Sonderaktion bedeutet max. 0,42% Zinsersparnis, auch für die langen Zinsbindungen bis 30 Jahre fest.
Noch kein Eigenkapital angespart? Dann lohnt es sich jetzt auch nicht mehr
Gerade in den Ballungszentren ist es aktuell nicht besonders sinnvoll, das notwendige Eigenkapital ab jetzt erstmalig anzusparen. Derzeitige Immobilienpreissteigerungen von 10 bis 20 Prozent in einzelnen Städten führen dazu, dass ein durchschnittlicher Hauspreis von 350.000 Euro in einem Jahr um bis zu 35.000 bis 70.000 Euro steigt. Selbst wenn es jemand schaffte, diesen Betrag innerhalb eines Jahres anzusparen, hätte sich an der Kredithöhe und vermutlich auch an der Beleihungseinschätzung dadurch nichts geändert.
Gute Idee in diesem speziellen Fall: Einfach mal mit der Hausbank reden
Der Gang zur Hausbank bietet sich an, da diese Ihre Bonität auch ohne Eigenkapital gut einschätzen können. Aber Achtung: Wenn Ihnen Ihre Hausbank auch gleich die passende Immobilie anbieten möchte, schauen Sie genau hin. Es könnte durchaus geschehen, dass Ihnen die Immobilienabteilung ein Objekt zum Preis von 350.000 Euro anbietet, bei der Finanzierung allerdings konstatiert, dass das Objekt für ihre Finanzierungsabteilung nur einen Wert von 320.000 Euro hat.
In diesem Fall schreibt die Immobilienabteilung das Objekt entweder zu teuer aus oder die Finanzierungsabteilung reduziert den Beleihungswert, um auf der anderen Seite für höhere Beleihungen entsprechende Zinsaufschläge verlangen zu können: Wer statt einer 90% Finanzierung in den Augen der Bank eine 100% Finanzierung benötigt, zahlt im Durchschnitt einen 0,4 Prozentpunkte höheren Zinsaufschlag.
100-Prozent-Finanzierung: Das Risiko ist überschaubar
Zwar ist es gut so, dass den meisten Menschen Schulden in sechsstelliger Höhe Schweißperlen auf die Stirn treiben. Andererseits vergeben Banken keine Kredite an Schuldner, die langfristig nicht in der Lage sind, den Kredit zu bedienen – dem schiebt allein der Gesetzgeber mit der Wohnimmobilienkreditrichtlinie den Riegel vor. Deshalb lässt sich durchaus sagen: Wer einen Kredit bekommt, dessen Risiko ist kalkulierbar.
Eine Sache gibt es allerdings zu beachten: Wer wenig Eigenkapital hat, sollte mindestens eine Zinsbindung von 15 Jahre fest bei 3% Tilgung anstreben. Damit wird das Risiko enorm reduziert. In 5 Jahren wären schon mehr als 15% Schulden getilgt und am Ende der Zinsbindung mehr als 50%. Die Faustregel heißt also: Je weniger Eigenmittel, desto länger die Zinsbindung und desto höher die Tilgung.