Immobilienkauf im Krisenmodus Die allgemeine Verunsicherung ist gut für die Bauzinsen
–– Immobilien sind nach wie vor gefragt. Aktuell ist auch ein guter Zeitpunkt, um zu kaufen: Nach einem kurzen Aufwärtstrend werden Baufinanzierungen gerade wieder günstiger. Wie lange der Trend anhält, bleibt abzuwarten. Immobilienkäufer können aber jetzt schon Fakten schaffen.
Prognosen sind schwierig. Vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Dieser alte Kalauer lässt sich gerade in Pandemiezeiten gut zitieren – denn selten waren sich die Experten aller Fachrichtungen so unsicher, wo die Reise hingeht. Auch in der Wirtschaft ist die Ratlosigkeit groß.
Wann erreicht die Wirtschaft wieder das Vorkrisen-Niveau? Wie entwickeln sich privater Konsum, Aktien- und Arbeitsmarkt? Droht eine langanhaltende, intensive Inflation – oder werden die Notenbanken gegensteuern und ihre ultralockere Geldpolitik beenden? Eindeutige Antworten auf alle diese Fragen gibt es derzeit kaum.
Betongold bleibt gefragt
Mit Gewissheit sagen lässt sich allerdings, dass die Nachfrage nach Immobilien nach wie vor immens ist. Ob es die Inflationsängste sind, die steigenden Baukosten oder schlicht der Wunsch, in unsicheren Zeiten etwas Beständiges zu schaffen, kann derzeit wohl niemand sagen.
Die Zahlen der FMH-Finanzberatung belegen jedoch, dass die Deutschen nach wie vor viel Geld für Ihr Eigenheim ausgeben. Zwar fragt die FMH-Finanzberatung ihre User nie nach individuellen Angaben und erfasst damit keinerlei personenbezogenen Daten. Aus den anonymen Eingaben der Nutzer zu den Objektpreisen, Darlehenshöhen, sowie zur Zinsbindung zu Tilgungseingaben ergeben sich im Monatsdurchschnitt allerdings rund 102.500 Berechnungen – und damit eine aussagekräftige Größe.
Im Vergleich zum ersten Quartal sind die Werte zwar minimal gesunken. Der durchschnittliche Kaufpreis für eine Wohnimmobilie liegt im Juli 2021 aber immer noch bei stolzen 509 600 Euro (statt 520 600 Euro im April 2021). Die durchschnittliche Darlehenshöhe ist mit etwa 338 300 Euro auch nur unwesentlich niedriger als im ersten Quartal, gleiches gilt für den prozentualen Beleihungsauslauf, der sich von 72,79 auf 72,04 Prozent verringert hat. Die durchschnittliche Tilgungshöhe beträgt nach wie vor drei Prozent.
Klare Veränderungen zeigen die FMH-Daten hingegen bei den Zinsbindungsfristen. Die durchschnittliche Länge lag in der jüngeren Vergangenheit stets oberhalb von 15 Jahre. Inzwischen ist sie auf 14,88 Prozent abgerutscht. Es sieht so aus, als würden Kreditnehmer angesichts der leicht verteuerten Zinsen wieder die billigeren Zehnjahresdarlehen bevorzugen.
Nichts ist so sicher, wie die Ungewissheit
Ob dieser Trend sich verfestig, bleibt abzuwarten. Aktuell gibt es bei den Zinsen – ausgelöst durch einen kleinen Kursrutsch bei den Bundesanleihen – gerade wieder die Tendenz nach unten. Die Anleger sind offenbar der Meinung, dass der deutsche Staat trotz der immensen Kreditaufnahme in Zeiten von Corona- und Umweltkrisen ein verlässlicher Schuldner ist. Entsprechend sank der Minuszins der deutschen Staatanleihe von zuletzt nur noch 0,2 Prozent auf minus 0,4 Prozent.
Für alle, die den Kauf einer Immobilie planen, sind das gute Nachrichten – allerdings sind auch sie mit einer gewissen Unsicherheit behaftet. So hat etwa die mächtige amerikanische Notenbank bereits angedeutet, dass sie eine Reduzierung ihres Anleiheankaufs nicht ausschließt und damit womöglich eine Zinswende einläutet. Dies würde sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch auf den deutschen Markt auswirken – und die Zinsen erneut nach oben treiben.
Lange Zinsbindungsfristen schaffen Planungssicherheit für Käufer
Kaufinteressenten tun daher gut daran, die aktuellen Zinssenkungen für längere Zinsbindungen zu nutzen, auch wenn wir die Tiefststände von März 2020 wohl nicht so schnell wieder erreichen werden. Damals waren die Zinsen rund 0,3 Prozentpunkte niedriger als Mitte Juli 2021. In den vergangenen Wochen ist der durchschnittliche Effektivzins für den Durchschnittskunden der FMH aber immerhin von 1,23 auf 1,17 Prozent gefallen. Bei den Topangeboten war ein Rückgang von 0,94 auf 0,9 Prozent zu verzeichnen bei einem Darlehen über 367.000 Euro, 72 Prozent Beleihung, 15 Jahren Zinsbindung und einer jährlichen Tilgungsquote von drei Prozent. Selbst diese vermeintlich kleinen Zinsveränderungen haben auf lange Sicht spürbare Effekte. In diesem Fall sparen Käufer bei einem Darlehensbetrag von 367.000 Euro innerhalb der Zinsbindungsfrist immerhin 1.800 Euro.