Die Analyse der Zinsentwicklung in den letzten drei Monaten zeigt: Die Zinsen sind nicht vom Corona-Virus befallen
Die Analyse der Zinsentwicklung in den letzten drei Monaten zeigt: Die Zinsen sind nicht vom Corona-Virus befalle © NicoElNino / Adobe Stock

Frankfurt 05.06.2020 –– Auch wenn es derzeit auf den Straßen kaum noch so wirkt: Corona hat die Welt fest im Griff. Zumindest fast: Die Zinslandschaft zeigt sich nämlich bislang unbeeindruckt vom Virus, wie unsere Analyse der Anlage- und Kreditzinsen in den letzten drei Monaten ergibt. Alle Zahlen, Fakten – und Empfehlungen für Anleger und Kreditnehmer.

Anleger und Kreditnehmer fragen sich derzeit: Werden die Anlagezinsen jemals wieder steigen? Oder ist das einzige, das durch die enormen Unterstützungsgelder steigt, die Inflation – und damit auch die Kreditzinsen? Wir haben uns die Zinsentwicklung der letzten drei Monate einmal genauer angesehen und festgestellt: Bislang ist weder Bewegung in die eine noch die andere Richtung zu erkennen. Schauen wir uns die einzelnen Produkte an:

Tagesgeld: Wer hier auf steigende Zinsen hofft, kann wohl lange warten

Tagesgeld (März bis Juni 2020)
© FMH-Finanzberatung / Urheber ist Datenquelle (Bank, Red. etc.)


Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzuschwächen, hat die Politik unlängst ein milliardenschweres Konjunkturpaket auf den Weg gebracht. 300 Euro Extra-Kindergeld, nur noch 16 statt 19% Mehrwertsteuer: Alle Zeichen stehen auf Konsum. Was sollten Kunden derzeit auch sonst mit ihrem Geld anfangen? Die Anlagezinsen verleiten nicht gerade zum Sparen – das werden sie wohl auch nicht in den nächsten Monaten.

Denn die Tagesgeldzinsen sind extrem abhängig von der EZB-Politik und der Inflationsrate. Die EZB wiederum hat deutlich gemacht, dass sie bereit ist, Anleihen „ohne Ende“ aufzukaufen, um die Zinsen niedrig zu halten. Wer beim Tagesgeld auf eine Zinswende setzt, wird deshalb vermutlich nicht nur einige Monate, sondern gar Jahre warten müssen. Einzige Ausnahme: Wenn die Inflationsrate schneller als erwartet steigen sollte und die EZB dagegen steuern müsste.

Festgeld: Vermeintlich mehr Bewegung, aber eigentlich herrscht auch hier Zinsflaute

Festgeld (März bis Juni 2020)
© FMH-Finanzberatung / Urheber ist Datenquelle (Bank, Red. etc.)


Auch das Festgeld ist nicht deutlich attraktiver. Zwar gab es vor einigen Wochen ein paar Ausreißer wie die BMW Bank oder die schwedische Klarna, die ihre Festgeldzinsen kräftig anhoben. Doch eine Zinswende, wie so manche Medien und Vergleichsportale schon ausriefen, ist das leider noch lange nicht. Wie die Zinskurve zeigt, geht es bei den Festgeldzinsen auch schon wieder leicht nach unten.

Dennoch: Wer mit Festgeld liebäugelt, sollte sich jetzt ruhig dafür entscheiden. Denn hier ist in den nächsten Monaten nicht mit wirklichen Zinssteigerungen zu rechnen. Wichtiger als die Zinsen sind bei langfristigen Geldanlagen – gerade in Coronazeiten – auch Themen wie Einlagensicherung und vorzeitige Kündigungsoptionen.

Ratenkredite: Grundlos leicht steigend

Ratenkredit 60 Monate (März bis Juni 2020)
© FMH-Finanzberatung / Urheber ist Datenquelle (Bank, Red. etc.)


Zwar sind auch Ratenkredite von der EZB-Politik abhängig, doch die Margen lassen sich von Banken auch über die Tages- und Festgeldanlagen steuern. Grundsätzlich haben die Banken hier so viel Spielraum, dass die Ratenkreditzinsen in den letzten Monaten leicht steigen konnten, obwohl weder die EZB noch die Anlagezinsen eine Zinssteigerung erwarten ließen. Doch auch hier sind keine großen Sprünge zu erwarten. Denn der Wettbewerb ist so groß, dass keine willkürlichen Zinsen verlangt werden können – auch wenn Kreditkunden oftmals nicht so auf die Höhe der Zinsen achten wie Anlagekunden.

Vermutlich deshalb kann sich auch eine BMW Bank das spontane Anheben der Festgeldzinsen leisten: Die Kreditkunden sind nicht sehr preissensibel. Somit kann die Bank in der Folge – falls notwendig – ihre Ratenkredite locker um beispielsweise 0,5 % verteuern. Denn da die Zinsunterschiede kaum relevant sind, unterschreiben die meisten Kaufinteressenten beim Autokauf direkt im Autohaus, anstatt sich extern um eine Fahrzeugfinanzierung zu bemühen.

Baufinanzierung: Insgesamt etwas höher, aber noch lange kein richtiger Trend erkennbar

Bauzinsen 10 Jahre fest (März bis Juni 2020)
© FMH-Finanzberatung / Urheber ist Datenquelle (Bank, Red. etc.)


Zwar liegen die Bauzinsen um 0,15 Prozentpunkte höher als zum absoluten Tiefststand im März 2020 – das gilt nicht nur für die hier gezeigten 10 Jahre Zinsfestschreibung, sondern auch für 15 und 20 Jahre. Dennoch sind die steigenden Zinsen hier im Verlauf als relativ zu betrachten: Kaum geht es mal ein Stück nach oben, fallen die Bauzinsen einige Tage später wieder.

Grundsätzlich ist hier ausnahmsweise nicht die EZB-Politik tonangebend. Dafür spielen die Pfandbriefe eine wichtige Rolle – und die verlaufen ziemlich parallel zu den Renditesätzen der Bundesanleihe. Ein Ansteigen der Hypothekenzinsen kann deshalb provoziert werden, wenn die große Anlegerwelt das Vertrauen in den deutschen Staat etwas verliert oder auch lieber die höheren Zinsen in vergleichbar sicheren Anlagestaaten nutzt. In diesem Fall steigt die Rendite leicht – und damit auch die Hypothekenzinsen.

Langfristig ist so ein winziger Trend aufwärts zu beobachten, jedoch keinesfalls einer, der zum voreiligen Unterzeichnen von Finanzierungsverträgen verleiten sollte. Hier gilt es, den Markt und die Konditionen im Blick zu behalten, um eine Trendwende nicht zu verpassen, beispielsweise mit unserem Hypotheken-Vergleichsrechner.


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